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Ein L und zwei P. Philipp!

Gatekeeping

Umso älter ich werde, umso mehr merke ich, wie sehr ich für mich selber als Gatekeeper unterwegs war. Ich überlegte mir eine Masse an Regeln, nach denen ich Leben wollte und verbaute mir damit sicher den ein oder anderen Spaß. Immerhin wird das immer weniger. Arne schrieb letztens dreißig aus seiner Sicht kluge Dinge, die er in seinen ebenso vielen Lebensjahren gesammelt hat. Bei solchen Listen bin ich immer etwas neidisch, weil mir nie so viel Kram einfallen würde, aber eine Sache, die wohl auf meine Liste könnte wäre wohl: Hör auf dich selber zu gatekeepen.


Um 2010 rum, als ich anfing Geld zu verdienen fing ich zum Beispiel an, mir eine Blu Ray-Sammlung aufzubauen, um meine Lieblingsfilme richtig zu genießen. Ich schaute allerdings keine davon jemals an, da zum Genuss ja auch ein Heimkino-System mit 7.1-Lautsprechern und allem Kram gehört und man sich schön einen Sonntag Nachmittag Zeit nehmen sollte um einen Film zu schauen. Mittlerweile schaue ich Filme Abends vor dem Einschlafen auf dem iPhone. Mit AirPods. Teilweise auf drei oder vier Abende aufgeteilt, weil ich zwischendurch einschlafe. Das macht mir auf jeden Fall mehr Spaß, als ein Regel mit nie geschauten Blu Rays.

Seit ein paar Jahren habe ich auch angefangen mehr Hörbücher zu hören, weil es sich besser in meinen Tagesablauf integrieren lässt. Dabei, aber auch allgemein beim Lesen, war immer eine Stimme in meinem Kopf die mir konstant befahl, dass ich alles auf englisch lesen oder hören muss, ich kann ja englisch. Die Originalversion wird immer viel besser sein! Turns out: Vor allem die letzten beiden Jahre hörte ich viele, viele Bücher auf deutsch und es ist einfach viel entspannender, ich verstehe nochmal 20% mehr und es macht einfach mehr Spaß.

Natürlich ist die Stimme immer noch in mir und sagt ständig, dass ich nur zu faul bin und doch einfach noch mehr auf englisch konsumieren sollte, damit ich mich es besser lerne und es in der Zukunft vielleicht doch wieder spaßiger wird, als es auf deutsch zu hören, aber aktuell bin ich ganz gut darin, diesen Spielverderber zu unterdrücken. Ich darf auch Spaß haben und muss mich nicht auch bei jedem Freizeitbuch sprachlich weiterbilden.

Auch beim Programmieren gibt es natürlich einiges an Gatekeeping. Ich hab mich eine lange Zeit gegen TailwindCSS gewehrt, weil ich immer dachte, ich kann mein CSS doch selber schreiben und das wird alles viel besser. Zum Glück habe ich nach einer Zeit eingesehen, dass ich mich nicht zerteilen kann und, vor allem bei Freizeitprojekten, gerne schnelle Ergebnisse sehe, statt mir die perfekte CSS-Struktur auszudenken.

Die Tatsache, dass dieser Post seit fast fünf Jahren in den Drafts lag, ist auch wieder so ein Gatekeeping-Fall. Ich wollte ihn auf keinen Fall veröffentlichen, bevor ich nicht tausend Beispiele habe. Wieder den Spielverderber überlistet!